Samstag, 18. Februar 2012

Ganz böser Kunstexzess (2)


Nur der Exzess rechtfertigt die Kunst. Im zweiten Teil zeigen wir, wie man das, was von einem Exzess ohnehin verlangt wird, noch überschreiten kann…





Der Exzess schaut sich kurz um. Der mit dem Seppelhut scheint der Exzessmaster zu sein. Er deutet immer mit der Zigarette an, wie man die Sache noch exzessiver gestalten könne. Der Frau sollen er das Knie ihres Mannes unters Kinn geben. Dafür schneidet er ein wenig an ihr herum. Ihrem Mann steckt er als Gegenmotiv zur durchscheinenden Liebesmetaphorik das Messer ins Gesicht. Die Kinder liegen noch im Keller. Er holt sie rauf. Eins davon kann er nicht brauchen. Die Dreizehnjährige passt ganz und gar nicht ins Gesamtdesign. Er macht sie deshalb auf und presst sie unter die Frau. Das stimmt, weil es die Frau auf irrsinnig komische Weise hebt. Den Rest legt er auf die Dogge. Der Master wird trotzdem nervös. An der Sache scheint noch immer irgendetwas zu fehlen. Er soll die Nachbarin dazu holen. Aber die ist nicht zu Haus. Stattdessen nimmt er eine vorbeilaufende Zahnarzthelferin von der Strasse. Aber die will wieder der Master aus nicht ganz nachvollziehbaren Gründen nicht dabei haben. Zum etwas enttäuschenden Schluss wirft er die Helferin nebst ein Hände, Handtasche, Augen, Zahnbrücken und anderen Überresten in die Badewanne nebenan...

Die Differenz zur normalen, ansonsten stinklangweiligen Kunst macht es möglich, einen Sachverhalt zu entdecken und zu formulieren, der seitdem zu den Eigengesetzlichkeiten des Kunstexzesses gehört, aber als solche erst spät in die erneuerte Kunsttheorie aufgenommen wurde: Um ein Kunstwerk interessanter zu machen, muss man sogar einen Gehirnschaden im Kauf nehmen. - Das soll freilich nicht besagen, dass ständig Extrempositionen eingenommen werden müssen. So ist die bedingungslose Unterwerfung unter den Exzess zugleich Appell an die bedächtige Kunst, und die Angesprochene wird als sentimental, spießig und verkitscht charakterisiert, wenn sie nicht entgegenkommt.