Allein Geldanlegen ist schon die Kunst. Erst recht, wenn du dein Geld in Kunst anlegst. Aber wenn es um Kunst geht, musst du die alltägliche Weltkonstruktion mit vollziehen. Die Differenz von Aktualität und Potenzialität, die sich von Moment zu Moment verschiebt, musst du auf eine bestandsfeste Realität hin untersuchen. Deine Realitätsannahmen wiederum können erschüttert werden. Selbst wenn die Welt so bleibt, wie sie ist. Suche zum Bespiel das richtige Werk unter der Masse von Werken, die du weltweit erwerben könntest. Du suchst allein, und die Welt kümmert sich nicht einmal darum, Sicherheiten auszumachen, mit denen du alle falschen Wertannahmen einfach abstoßen könntest. Vielmehr verschärft die Kunst selbst noch die Differenz zwischen real und möglich, um dann mit eigenen Werken zu belegen, dass auch im Bereich des Falschen noch Wert zu finden sei. Oder auch nicht.
Sonntag, 7. August 2011
Kunst ist, wenn es um Geld geht
Allein Geldanlegen ist schon die Kunst. Erst recht, wenn du dein Geld in Kunst anlegst. Aber wenn es um Kunst geht, musst du die alltägliche Weltkonstruktion mit vollziehen. Die Differenz von Aktualität und Potenzialität, die sich von Moment zu Moment verschiebt, musst du auf eine bestandsfeste Realität hin untersuchen. Deine Realitätsannahmen wiederum können erschüttert werden. Selbst wenn die Welt so bleibt, wie sie ist. Suche zum Bespiel das richtige Werk unter der Masse von Werken, die du weltweit erwerben könntest. Du suchst allein, und die Welt kümmert sich nicht einmal darum, Sicherheiten auszumachen, mit denen du alle falschen Wertannahmen einfach abstoßen könntest. Vielmehr verschärft die Kunst selbst noch die Differenz zwischen real und möglich, um dann mit eigenen Werken zu belegen, dass auch im Bereich des Falschen noch Wert zu finden sei. Oder auch nicht.
Montag, 18. Juli 2011
Genie macht Unsinn
Genies, um dieses unschöne Wort wieder hervorzuholen, haben etwas Unsinniges in ihrer Art. Jetzt fang ich an zu ahnen, was sie so einzig macht. Es muss etwas damit zu tun haben, dass Genialität mit einer Deformation anderer Intelligenzbereiche einhergeht. Es dürften sich daraus leicht divinatorischen Anlagen entwickeln. Hegel, der alte Schmeichler, meinte, es sei das an und für sich Vernünftige. An und für sich ist es aber auch die Bereitschaft, für die Kunst einen Gehirnschaden in Kauf zu nehmen. Ansonsten wäre es nur Talent, oder wie Hegel meint, die Fähigkeit, etwas zur Vollendung zu bringen. Wie Italiener Gesang und Orangenbäume haben, und Nordlichter beides eben nicht.
Zum Genie gehört, meint Hegel, die Leichtigkeit der inneren Produktion und der äußeren Geschicklichkeit. Aber Genies können es auch nur so. Sie können es nur, wie Hegel meint, in Melodien kundgeben. Sie können es nur in dieser Form.
Bravo, bravo, Kandinsky, geh einer und streue aus, wir haben es, bräuchten nur noch ein wenig Zeit.
Sonntag, 3. Juli 2011
Nichtkunst
Was ist Kunst? Kunst ist das, was bleibt, wenn man den ganzen Müll an Wiederholungskunst entfernen würde. Würde man das tun, würden zwar Museen, Galerien, Messen und so weiter unendlich leer werden. Aber genau diese Leere wäre das, was überhaupt Kunst gegenwärtig nur sein kann.
Kunst ist nicht Explosion, sondern Implosion. Kunst ist keine Kunst mehr, wenn sie sich endlos dadurch nur ausbreiten kann, dass sie sich selbst kopiert. Kunst wird erst Kunst, indem sie durch innere Teilung in sich geht. Erst dadurch, dass sie sich in diesen inneren Raum begibt, das Ausschließliche einschließt, erreicht sie Inhalt. Es bringt nichts, darüber zu reflektieren, was die Kunst außerhalb ihrer selbst sein möchte oder sein könnte. Kunst als Vermehrung abwickelbarer kommunikativer Verhältnisse quatscht sich nur zu Tode. Die endlose Masse der kunsthistorischen und kurativen Einführungen und Ausführungen erschlägt die sensible Wahrnehmung. Kunst kann nicht extensiviert, sondern nur intensiviert werden.
Kunst ist das Gegenteil von Nichtkunst. Nichtkunst ist Überschuss, ist alles, was nach außen expandiert. Irgendwann einmal wird man radikaler als je zuvor konzedieren müssen, dass Kunst alles Äußere auflöst, das für sie Motiv und Inhalt hätte sein können.
Sonntag, 19. Juni 2011
Dreck
Manche mögen Grau. Ich habe mir gesagt, ich bin Kunstsoldat, muss mit Form arbeiten, muss Aggressivität reinbringen und auch wieder wegnehmen, damit überhaupt jemand hinguckt. Meine Grundausbildung. Aber was mich verrückt macht, ist, dass ich keine neue Form erfinden kann.
Es gibt keine weißere Form als Weiß, keine rötere Form als das röteste Rot. Beim rötesten Rot kann ich stehen bleiben, oder Weitergehen bis ans Ende der Farbskala, von Form zu Form, dann wieder zurück, um am Ende die Form, mit der ich begonnen habe, als die andere Seite einer anderen Form wiederzufinden. Form spielt mit Form, und ich muss mich überreden lassen, immer mit demselben Quatsch zu spielen. Berlin is here to mix everything with everything. Kunst als das längstmögliche Hin und Her des Eigenbehaviors, von deprimierender Sinnlosigkeit.
Was ist es nur gewesen, das mir diese Lumpigkeit endloser Wiederholungen als originalen Hoffnungsträger eingeredet hat? Es meinte wohl die Geste des ästhetischen Denkens, respektive das Denken zu ästhetisieren, wie tagelang ekstatisch über einen vollgekotzten Dancefloor zu springen, respektive für die kommenden Klugscheisser zu produzieren, um den Glitter-Schmutz dieser Ära komplett zu machen. Kunstgattungstypische Formvollendung, so wie die Summe aller Buntfarben Dreck ist.
Meine freiwillige Selbstentleerung aus der Fülle meiner gewaltigen Fähigkeiten, alles Dreck.
Freitag, 3. Juni 2011
SchülerSex und Technoplastizität
wie er sich vor dieser Statue selbst befleckt,
würde ich es gewiss nicht unterlassen,
sie zu zertrümmern". Diderot
Dem Vater erscheint es so, als ob die sexuellen Handlungen seines Sohns sich jeder Regelkontrolle entziehe, um im Verbotenen ein unverantwortliches Spiel zu treiben. Aber sein Sohn macht gegenüber diesem Vorwurf eigene Gründe geltend. Zum Beispiel den Begriff des Schönen in der italienischen Renaissance oder die Idee der sexualmaterialistischen Gesellschaft in Blood and Guts in High School. Für seine Gründe verlangt er Vorrang. Dieser Vorrang wird im Souveränitätsstil behauptet: weil es mir gefällt und es so easy ist, more modoque consueto rumzuficken. Im Falle der Statue garantiert sie durch ihr formvollendetes materielles Substrat den Vollgenuss der Sinnlichkeit. Sie genügt nicht der virtuellen Tugend, sondern dem realen Geschmack (präzise beschrieben in Lettres de la Marquise de M. au Comte de R.). Und sie übergeht, dass "Natur" ein mentaler Sperrbegriff sein kann.
Was die Zertrümmerung der Statue anbetrifft, so übersieht die väterliche Sorge, dass der Sieg des Christentums die Sexualkultur der alten Welt zerstört und das Sexualleben auf die Ebene substitutiver Gegenständlichkeit heruntergebracht hat. Im Laufe dieser Entwicklung ist die Sexualität von Verschleierung und zurückhaltender Symbolisierung in die Phase des massiven Auflauerns und der aggressiven Rund-um-Belästigung eingetreten. So beginnt es heute, Jahr 7 des Pontifikats Benedikt XVI, meistens mit missbrauchter Kindheit, fickend herumstreunenden Schulabbrecherinnen, und schleicht sich weiter durch koksnebelverhangene Hüpfburgen, technosoundigen Pornobespielungen, andauernd verdinglichter Rundumsexualitäten bis zu den Höhepunkten fluidaler Sexplastikformen. Kein Steigerungsprozess kann ohne materialistische Grundlage mehr in Gang kommen, weiter nichts, zumal bey unserm Geschlechte, als eine ganz besondere Leitung des Geschlechtstriebs auf einen einzigen Gegenstand (Jakob Mauvillon, 1791).
Vom Standpunkt der Statue kann man also davon ausgehen, dass das, was an ihr noch als Kunst wahrgenommen wird, nicht nur als Eigenfunktion der Kunst, sondern auch als Unterstützung anderer Funktionen benutzt wird. Aber auch der Schüler muss davon ausgehen können, dass nicht alles, was er sieht und als schön empfindet, das Werk einer rein theoretischen Kunstidiotie ist. Man verschone den Schüler vor allem vor den kreativen Objektivation einer sexuellen Fehlhaltung wie der Konzeptkunst, wie zum Beispiel vor sechzehn rahmenlosen Bildträgern, weiß, die in einer unregelmäßigen Linie an die Wand gelehnt sind.
Samstag, 28. Mai 2011
Ende der Landschaftsmalerei II
Theorie zum finalen Werkentwurf,
für die, die sich über die letzten Fortschritte des Desasters empören und mit Geduld seine Enzyklopädie zusammenstellen:
"Es geht nicht um die Lösung eines Problems mit der Folge, es als Problem zu vernichten. Es geht um die Provokation einer Sinnsuche, die durch die Kunst nicht unbedingt Ergebnisse, aber doch den Eindruck erhält, dass da draußen noch eine letzte Möglichkeit existieren könnte, ohne nach oben zu schauen über eine Wiese zu laufen. Noch ein letztes Mal mit denen laufen, die mit uns durch die Zeiten gingen, und daran denken, dass die Welt Natur ist, auf lange Sicht und sobald der Mensch wieder verschwunden, unweigerlich frei und wild. Natürlich könnten sich die Straßen in Rad- und Wanderwege verwandeln, wir könnten sogar alle Breitengrade mit garantierten Schutzgebieten für edle Wilde überziehen, zum VorzugsPreis einer vollkommen therapiefreien Weltexistenz. Aber wer behauptet, dass die erneute erneuerbare Emanzipation von der Natur uns das Erleiden einer para-naturalen Gerechtigkeits- und Selbstgerechtigkeitsdiktatur ersparen wird, lügt. Das Eine wird das Andere in die Wege leiten. Wir werden beides kriegen."
Gut für jetzt, Bellini, Turner, Friedrich und Freunde der digital nachgearbeiteten Naturkulissen. Genug der heulenden Rückblicke auf ungebrochene Wiesen, Wälder und Uferstrände, auf barocke Schimmereien im überhöhten Glanz von Abend- respektive Morgensonne, auf einsam zweisame Staffagefiguren in der grenzwertigen Gegend um Tivoli. Behaltet einfach in Erinnerung die Zeit, in der ihr bei gutem Wetter noch etwas anderes gemacht habe als Jalousien runter.
Sonntag, 22. Mai 2011
Ende der Landschaftsmalerei I
Neulich sah ich Bellini und Konsorten um ein Windrad rennen. Mit Zitaten aus der zauberhaften Metropolenwelt, plus abgeschmackte Billigmärkte für Mehrfachsteckdosen, Durchmischungen fader ConsumerSounds, pädophile Monitorflächen, Lichterketten, überfreundliche SecuritieSysteme, plus Begriffe und Simulationen für das verletzte Ursprüngliche und Unberührte, für das gemeinsame Schrumpfen jeden Tag:
"Nichts ist so unwürdig, als Gewalt zu erleiden. Wer sie feigerweise erleidet, wirft sich weg."
"Wir sind umgeben von Kräften, die den Meister über uns spielen, uns den Resonanzboden unserer Liebe entziehen. Nichts hat mehr Au- torität, unseren Einspruch zum Schweigen zu bringen. Dieses Hässliche, Berührte, Begrabbelte, Prostituierte, das wir müssen, aber nicht wollen, überliefert unsere phantastische Idee der Beute. Unsere gerühmte Freiheit ist nichts, absolut nichts. Entweder der Natur als Macht überlegen, oder eins mit ihr. Entweder unsinnig oder sinnlich. Man nennt uns Romantiker, verdammte Scheisse. Als wäre es nur eine Intension auf nicht mehr zu realisierende Synthese, auf Einheit von Subjekt und Welt, bei Stendhal nachzulesen. Wir kennen aber noch die Eleganz, die das Leben und die Welt formten, jede einzelne Linie darin. Nur so hat es Reiz für uns. Nur durch Natur und Schönheit allein können wir erfahren, dass wir bestimmt und fähig sind, uns als Einzigartigkeiten zu beweisen, statt sturzbesoffen auf Autodächern herumzuliegen."
Es folgt Teil II: Theorie zum finalen Werkentwurf (für die, die sich über die letzten Fortschritte des Desasters empören und mit Geduld seine Enzyklopädie zusammenstellen)
ye-man zi-yu
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