Donnerstag, 5. April 2012

Dichter kann nicht länger schweigen



Und zugegeben: ich schweige nicht mehr,
weil ich der Heuchelei des Westens
überdrüssig bin

Und warum nicht schweigen? Schweigen liegt der Kunst immerhin aus plattesten Gründen nahe. Oft genug hat sich das Medium für Füllungen und Überfüllungen quasselnder Textmassen hergegeben. Überdies könnte Kunst, die sich auf Politik bezieht, es trotzdem schaffen, nicht in Politik zu verenden. Die Sprache der Kunst. Ist eine Sprache, weil Vorfahren in Anbetracht weltlicher Komplexität viel in sie hineingelegt haben. Die Sprache der Politik schmeisst davon das meiste weg, weil eine verkürzte Sprache schneller in die Gehirne und Mäuler gestopft werden kann. Was hier weggeschmissen wird, kann für eine politische Kunst brauchbares Material sein. In der komplexen Welt gibt es für die Kunst ohnehin viel zu finden. Künstlerisch und sprachlich gibt es keinen Grund, sich von der normalen  Sprachpolizei zum Gebrauch standardisierter Schlagworte knüppeln zu lassen. 

Die Komplexität der Welt muss für eine politische Kunst kein Gegenstand sein, um daraus programmatische und massenkompatible Problemlösungsansätze zu fertigen. Sofern diese experimentierend sich vor Risiken nicht verkriecht. Nur Beamtenkunst ist.


Also warum jetzt diese Faselei des Augenblicks? Weil du der Heuchelei des Westens
überdrüssig bist; zudem darauf hoffst, es mögen sich viele vom Schweigen befreien,den Verursacher der erkennbaren Gefahr zum Verzicht auf Gewalt auffordern undgleichfalls darauf bestehen, daß Kontrolle durch eine Instanz von den Regierungen zugelassen wird?

Kunst unterscheidet sich von der Politik durch ein anderes Verhältnis zur Komplexität der Welt. Wenn Kunst gleiches Verhältnis annimmt, ist sie keine Kunst mehr, nur Politik. 

Montag, 2. April 2012

Lollapalooza



In einem weißen Tunnel, der an einen Laufsteg erinnert,
 inszeniert sich Gaga in der Rolle der genialen Künstlerin.



1. Das auf dem eigenen Körper ausgetragene Spiel mit Identitäten trifft auf das Porträtvokabular Alter Meister. 


2. Vor schwarzem Hintergrund arrangiert, strahlen ihre Umrisse einen heiligen Glanz aus. Vermöge der konsumkritischen Verwendung von Requisiten wie Bananen, Baguettes oder Würstchen ist sie in dieser Aufmachung das alles enthaltene und erfüllende Lichtwesen des neuen politischen Aufgangs, das sich in seiner formgebenden Substanzialität in höchstgesteigerter rebellischer Schönheit erhält. 


3. Nichts sonst kann ihr in die Quere kommen. 


4. Ihr Aufgehen ist dabei ebenso das Negative, die Finsternis, dargestellt durch einen goldenen Totenkopf am Bildrand, mit dessen greller Beleuchtung sich seltsam rituelle Schattenbemalungen auf ihrem Gesicht breit machen. 


5. Das weiter ausgebreitete Licht wirft eine Unendlichkeit von Formen auseinander und gibt sich ihr zum Opfer, dass sie, die Einzige, sich das Bestehen an ihrer feuerlichen Substanz  nimmt. 



(fame monster)



(Im Hintergrund)
(sieht man wehrlose Demonstranten)
(die von Polizisten mit Pfefferspray besprüht werden)