Samstag, 3. September 2011

Tripolis



Ich bin der Beduine, weil ich der Beduine bin. Ich habe den Sand abgetragen und es ist gelungen. Von außen eine Täuschung, die nirgends hinführt außer auf festes Gestein. Will mich nicht rühmen, die List mit vorzüglicher Absicht ausgeführt zu haben. Es war nur der Rest eines der vielen vergeblichen Bauversuche. Aber es schien mir vorteilhaft, es so zu belassen. Eine List mag so listig sein, dass sie sich selbst umbringt. Auch kühn, dadurch überhaupt auf die Möglichkeit aufmerksam zu machen, dass hier etwas Nachforschungswertes vorhanden ist. Doch bin ich nicht der, der feige ist und nur aus Feigheit handelt. Der eigentliche Zugang ist so gesichert, wie überhaupt etwas gesichert sein kann. Nur an einer einzigen Stelle bin ich sterblich und in meinen Träumen geht unaufhörlich ein Verräter herum. Ich hätte diese Stelle zuschütten können, auch ohne die Möglichkeit eines Auswegs zu vergeben. Aber gerade die Vorsicht verlangt das Risiko einer schnellen Fluchtmöglichkeit. Das alles sind anstrengende Berechnungen, und die Freude des scharfsinnigen Kopfes an sich selbst ist die alleinige Ursache dessen, dass man weiterrechnet. Ich rechne und berechne im Innersten meines Baus, wo inzwischen sich langsam und still der Gegner von irgendwoher an mich heranbohrt. Er weiß ebensowenig von mir wie ich von ihm. Aber es gibt leidenschaftliche Jäger, die planlos die Erde durchwühlen und bei der Ausdehnung meines Baues haben selbst sie Hoffnung, irgendwo auf einen Weg zu stoßen. Zwar habe ich den Vorteil, alle Wege und Richtungen genau zu kennen, so dass ein Jäger darin leicht selbst zum Gejagten werden kann. Aber ich werde alt, es gibt viele, die kräftiger und ausdauernder sind als ich und sie werden immer mehr. Könnte schon sein, dass ich vor einem Jäger fliehe und den anderen in die Fänge laufe. Immer wieder horche ich in die Stille, bevor ich weitergrabe. 

"Manchmal träume ich, ich hätte ihn umgebaut, ganz und gar geändert, schnell, mit Riesenkräften in einer Nacht, von niemandem bemerkt, und nun sei er uneinnehmbar; der Schlaf, in dem mir das geschieht, ist der süßeste von allen, Tränen der Freude und Erlösung glitzern noch an meinem Bart, wenn ich erwache" // Kafka // Der Bau